Ich habe in dieser Woche ein tolles Interview mit Simon Linhard von der TTG Hamburg-Nord geführt. Er macht in der Spielgemeinschaft der Vereine TSV Duwo 08, Lemsahler SV und SV Bergstedt einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) im Tischtennis.
Hallo Simon, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast. Magst Du Dich bitte einmal vorstellen?
Ja, klar. Ich bin 20 Jahre alt, habe im vergangenen Jahr mein Abitur gemacht und befinde mich gerade in meinem Gap-Year nach dem Abi. In den ersten Monaten war ich im Ausland und nun mache ich seit Februar in meinem Heimatverein für sechs Monate ein BFD.
Wie lange spielst du selbst schon Tischtennis und wie gut bist Du?
Ich bin mit ca. 13 Jahren zum Tischtennis gekommen. Damals habe ich mit einem Freund auf dem Schulhof Tischtennis gespielt und ein paar Teilnehmer eines Tischtennis-Sommer-Camps kamen an uns vorbei und haben uns zum Training eingeladen. In Summe spiele ich nun etwa fünf bis sechs Jahre im Punkstpielbetrieb – aktuell in unserer zweiten und dritten Mannschaft in der Bezirksliga. Mein TTR-Wert ist mir egal, ich spiele in erster Linie, weil ich technisch besser werden und Spaß haben möchte. Er liegt aber bei ca. 1420 Punkten.
Du machst aktuell ein BFD. Warum ist es kein FSJ (Freiwilliges soziales Jahr) geworden?
Ehrlich gesagt ist es zu einem BFD gekommen, weil meine Vorgänger ebenfalls ein BFD gemacht haben. Die Aufgabenbereiche sind wahrscheinlich nahezu gleich, aber es läuft organisatorisch etwas anders ab. [Der Verein hat sich für den BFD über den DTTB entschieden, weil es sehr gut strukturiert ist und auch die Bildungsseminare und die Trainer-Lizenz darüber organisiert ist. Das FSJ wird über die Bundesländer abgewickelt und ist für Hamburger Tischtennis-Vereine wohl komplizierter in der Organisation.]
Was sind Deine Aufgaben und wie verteilen sie sich anteilig?
Die meiste Zeit beinhaltet das Training in den unterschiedlichen Trainingsgruppen und die Vorbereitung darauf. Wir haben folgende Trainingsgruppen: Mini-Training, Basis-Gruppe, Wettkampftraining, Erwachsenen-Training und die PingPongParkinson-Gruppe. Mit vier Schulen haben wir Schulkooperationen, an denen ich in Summe fünf Schul-AGs leite. Unregelmäßig gehe ich mit unserem Haupttrainer Jan in einen Kindergarten, um schon junge Kinder auf unseren Sport aufmerksam zu machen.
Zusätzlich betreue ich unsere Spieler bei den Punktspielen und bei Verbandsveranstaltungen.
Ein kleiner Teil meiner Aufgaben beinhaltet die Planung der Punktspiele und Verbandsveranstaltungen.
Echt? Ist die Organisation nicht immer ein ziemlich großer Aufwand? Ich höre das immer wieder.
Klar kommt das mal vor, aber in der Regel sind alle unsere Spieler und auch die Mädels richtig heiß aufs Spielen und es findet sich meist schnell ein Ersatz, falls man jemand keine Zeit hat.
Wie löst Ihr im Verein das Fahr- und Betreuer-Problem?
Wie meinst Du das?
Naja, finden sich für acht Jugendmannschaften immer ausreichend Betreuer, haben sie alle einen Führerschein oder wie macht Ihr das?
Wir haben für uns als Verein den Anspruch, jeden Wettkampf mit einem Coach zu betreuen. Eltern finden sich meistens schnell als Fahrer. Bei Vierermannschaften fährt auch sonst mal der Betreuer, der nicht mehr ins Auto passt, mit dem HVV. In meinem BFD-Vertrag ist z.B. auch eine HVV-Karte dabei.
Was passiert sonst so in Deiner BFD-Zeit?
Bei mir stehen jetzt in meinem zweiten Teil des BFD noch ein paar Bildungsseminare und Ende dieses Jahres mache ich noch meine Trainer-C-Lizenz.
Bekommst Du Geld dafür und ist die Bezahlung aus Deiner Sicht ok?
Ja, man bekommt ein Taschengeld von, ich glaube 335€. Das ist für mich ok. Geld kann ich später noch verdienen und meine Eltern unterstützen mich jetzt auch.
Mir geht es dabei absolut nicht ums Geld, dann könnte ich auch andere Jobs erledigen. Ich mache das aus Überzeugung – ich möchte das Gefühl haben, etwas Gutes zu tun. Es macht mir sehr viel Spaß ein Teil des großen Ganzen im Verein zu sein und ich möchte meinem Verein etwas zurückgeben.
Was ist für Dich das Coolste bei Deiner Tätigkeit?
Ach, nahezu jede Trainingsgruppe hat seinen Reiz, aber am meisten macht mir das Training in der Wettkampfgruppe Spaß. Wir haben da eine feste Gruppe von 18 Kindern an neun Tischen. Alle sind hochmotiviert und entwickeln sich so schnell weiter. Meistens sind wir mit vier Trainern dabei und man hat echt das Gefühl, Teil einer tollen Entwicklung für die Zukunft zu sein. Ich bin gespannt, wo unsere Jugend in drei bis vier Jahren steht.
Aktuell bist Du, soweit ich weiß, der Einzige, der in Hamburg ein BFD im Tischtennis macht und einige Vereine und sogar der HTTV suchen nach Freiwilligen ab dem Sommer. Was glaubst Du, sollte die Regierung jungen Menschen nach der Schulzeit u.a. für soziale Dienste verpflichten?
Ach krass, das wusste ich gar nicht, dass es aktuell keine weiteren BFDler gibt. Das verstehe ich auch nicht. Für mich ist das eine so wertvolle Zeit, in der ich tolle Erfahrungen sammeln kann, bis ich mich endgültig für meinen weiteren Weg entschieden habe. Für mich ist halt die Aufteilung meines Gap-Years in zwei Teile super. Ich kann es jedem nur empfehlen.
Es braucht sich auch niemand zu fürchten, dass man vielleicht selbst nicht spielstark genug ist. Viel wichtiger ist der Spaß im Umgang mit Kindern und der Wille sich einzubringen.
Eine Pflicht würde ich der Regierung nicht empfehlen. Niemand möchte sich vorschreiben lassen, wie er seine Zukunft gestaltet. Wenn ein Verein motivierte Menschen für die Arbeit mit Kindern gewinnen möchte, dann sollten sie es freiwillig machen, so wie es aktuell der Name auch sagt. Eine breite Bewerbung für den Freiwilligendienst würde ich aber empfehlen.
Wie sieht es in Deiner Zukunft aus? Was planst Du nach dem BFD?
Ich habe aktuell viele Ideen. Es wird wohl ein Studium der Gesellschaftswissenschaften, aber final entschieden habe ich mich noch nicht.
Vielen Dank, Simon für das nette Gespräch und Deine Eindrücke aus Deinem BFD-Leben.
Antje Krüger